Illingen

Geschichte

In Illingen-Wustweiler wurden im Jahre 1993 auf dem Gelände eines ehemaligen Segelflugplatzes 60 spät­keltische/​frühromanische Brandgräber aus verschiedenen Generationen gefunden. Es kann als sicher gelten, dass diese Gräber zu einer Siedlung gehören und die erste größere Ansiedlung der Kelten in unserer Heimat bezeugen. Später kamen Römer, Alemannen und Franken hinzu.

Wann der Ort Illingen entstand, ist unbekannt. Der erste überlieferte Name „Letoltingos“ deutet auf eine germanische Gründung im Zuge der germanischen Landnahme im 5. und 6. Jahrhundert hin.

Der Name Letoltingos ist keine Ableitung des Bachnamens Ill, an der Illingen liegt.

„Il“ bedeutet im Keltischen eilen. Die Ableitung vom Bachnamen „il“ wurde in jüngster Zeit wieder versucht, ist aber historisch nicht haltbar; würde dies doch bedeuten, dass die Gründung von Illingen ins 8. – 5. Jahrhundert vor Christus zu legen ist.

Letoltingos kann in zwei Namensbestandteile zerlegt werden: Letolt und ingos.

Letolt weist auf die germanischen Namen Letold, Liutold, Liutwald, was Leutewalter -Leuteherrscher bedeutet, hin.

Der zweite Teil „ingos“, lateinisch-romanischen Ursprungs, enthält die germanische Nachsilbe „ing“, im Plural „ingen“, was Angehörige oder Nachkommen bedeutet. Illingen ist demnach ursprünglich eine germanische Sippensiedlung.

 

Koordinaten:

49. Breitengrad und 7. Längengrad

im Südwesten Deutschlands und fast im Herzen des Saarlandes

49°22’32.60“ N 7°03.02.52“ O

Die älteste urkundliche Erwähnung Illingens, „Letoltingos“, findet sich in einer Urkunde des Jahres 893, in der Bischof Rodbert von Metz die Einkünfte der Kanonie ( selbstständiges Kloster ) Neumünster zu vermehren sucht, indem er diesem Kloster die Mutterkirche zu  Letoltingos samt der dazugehörigen Kapelle zu Scufines-Villare ( Schiffweiler ) mit allem Zubehör an Zehntem, Äckern, Wiesen, Weiden, Waldungen und Bächen zum Eigentum verliehen hat.

Illingen war schon damals ein kirchlicher Mittelpunkt, was wiederum ein Hinweis auf seinen alten Ursprung ist.

Der Ortsname war in der Folge sprachlichen Wandlungen unterworfen:

  • 893 Letoltingos
  • 1242 Ildingen
  • 1353 Yldingen
  • 15. Jhd. Yldinga
  • 1426, 1468, 1489 Yllingen
  • 1544 Yeldinga
  • 1559 Yeldingen

Merowinger- und Karolingerkönige bezahlten ihre Feldherren und Staatsleute mit Belehnungen durch Land. Im 9. Jahrhundert wurden diese Lehn infolge der Schwäche der Karolingerkönige zum erblichen und mehr oder weniger unabhängigen Besitz

Im 8. und 9. Jahrhundert entstanden, auch aufgrund dauernder Einfälle der Normannen und Ungarn, die Herzogtümer zum Schutz des Landes. Diese entwickelten sich zu selbständigen Gewalten/Staatsgebieten, zerfielen jedoch in der Folge oft zu kleineren Gebietsteilen, die meist von ihren Bischöfen regiert wurden.

Im 8. Jahrhundert gehörte Illingen zum Bliesgau, somit zum Bistum Metz.

Im Vertrag von Verdun teilten am 10. August 843 die überlebenden Söhne Kaiser Ludwigs des Frommen das Fränkische Reich der Karolinger in drei Herrschaftsgebiete auf. Illingen gehörte zum Mittelreich Lotharingien, regiert von Kaiser Lothar I.

870 fällt Illingen im Vertrag von Meerssen zum Ostfrankenreich unter Ludwig dem Deutschen.

893 wird Illingen in der zuvor erwähnten Urkunde dem Kloster Neumünster zugeordnet.

Urkundlich werden die Grafen von Zweibrücken, Saarbrücken und Saarwerden um 1300 als Herren von Illingen genannt. Vermutet wird, dass die Burg zu Illingen bereits im Zeitraum 1111-1131 von Friedrich I von Saarwerden gegründet wurde. In der Folge gelangte die Lehnshoheit der Herrschaft Illingen durch Heirat an das Haus Nassau-Saarbrücken.

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Wann Illingen Hauptsitz einer Herrschaft wurde, wen die Grafen von Saarwerden zunächst mit dieser Herrschaft belehnten, wissen wir nicht.

Der erste diesbezügliche Hinweis findet sich in einer Urkunde vom 11. Dez. 1333, in der Johann, Graf von Saarbrücken, Herr von Commercy, den Johann von Sierck als Herren zu Illingen bezeichnete. Die Urkunde belegt die Verpflichtung zur Zahlung von 40 Pfund Metzer Pfennigen an den Johann von Sierck wegen guter geleisteter Dienste.

Vermutlich war bereits sein Vater, Arnold IV von Sierck, verheiratet mit Geneta von Warsburg, 1270 im Besitz der Herrschaft Illingen. Mit den Kindern des Arnold von Sierck und dessen Ehefrau Geneta von Warsburg erlosch jedoch der Zweig derer von Sierck zu Illingen.

1324 heiratete Geneta von Warsburg in zweiter Ehe Dietrich von Kerpen, stammend aus dem Geschlecht der Herren von Kerpen, deren Stammburg bei Daun in der Eifel gestanden hat. Die Illinger Kerpen entstammen der Manderscheid‘schen  Linie der Kerpen und übernahmen auch deren Wappen, die rote Zickzacklinie im silbernen Feld.

Die Herren von Kerpen sollten jetzt 4 ½ Jahrhunderte die Herren zu Illingen bleiben.

Keiner der Illinger Kerpen-Regenten erreichte die Popularität des Ritters Heinrich von Kerpen (1541-1557). Hofmeister am Hof zu Saarbrücken, wird Heinrich nassauischer Rat des Grafen Philipp von Nassau Saarbrücken. Je ein Epitaph in der Pfarrkirche St. Stephan und an der von ihm erbauten Bergkapelle erinnern an den populären, bereits mit 37 Jahren verstorbenen Ritter der Illinger Kerpen.

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Heinrichs Sohn Hans von Kerpen (1557-1615), verheiratet mit Anna von Cronberg, erweitert um 1605 die Schlossanlage und die heute noch erhaltene Vorburg. Hans von Kerpen führt 1575 in der Herrschaft die Reformation ein. Er vereinnahmte die Kirchengüter, setzte evangelische Pfarrer ein (1576-1621) und lässt die Kapelle abreißen.

Johann Daniel von Kerpen (1652-1684) ließ zwischen 1663 und 1668 die Kapelle wieder aufbauen.

Heinrich Ernst von Kerpen stellt 1621 den Katholizismus wieder her.

Der Dreißigjährige Krieg verwüstete die Lande. Auch die Herrschaft Illingen hatte unter den jeweiligen Truppen und Banden, durch deren Brandschatzungen, gefolgt von Hungersnöten und Pest, zu leiden.

Wie sehr die Herrschaft Illingen gelitten hat zeigen Aufzeichnungen aus den Jahren 1643 – 55, wonach in Illingen 2 Taufen und keine Beerdigung, in Gennweiler weder Taufen noch Beerdigungen, in Wemmetsweiler 2 Taufen genannt werden.

Und dies in 12 Jahren! Die Herrschaft Illingen war menschenleer geworden!

Dieser Zustand - wenige Bewohner, Armut in der Bevölkerung - dauerte bis Anfang des 18. Jahrhunderts an und ist aus den Kirchenbüchern, die nach dem 30-jährigen Krieg wieder geführt wurden, ersichtlich

Eine vom Bischof von Metz verordnete Visitation konstatierte für Illingen „trostlose Armut“.

Johann Ferdinand von Kerpen veranlasste 1720 eine Landvermessung und Zählung. Diese nennt für Illingen 11 Häuser mit 22 Pferden, 5 Füllen, 4 Ochsen, 43 Kühen, 34 Kälbern, 43 Schweinen, 34 Geißen und 152 Schafen.

Diesem Johann Ferdinand ist auch der Wiederaufbau der Herrschaft zu verdanken. Durch Einwanderung - Anwerbung von qualifizierten Handwerkern - gelang es, die Einwohnerzahl zu heben.

Zur Förderung von Handel und Gewerbe fanden zwei Jahrmärkte statt.

Aus wirtschaftlichen Erwägungen - gute Steuerzahler - gestattete Johann Ferdinand auch die Niederlassung von Juden.

Die Juden, die in Illingen wohnten, hatten einen Obolus an die Gemeinde zu entrichten. Im 18 Jahrhundert waren dies 3 Gulden „Schutzgeld“. Als Gegenleistung erhielten sie Weide- und Wasserrechte, durften Handelsvieh auf die Gemeindeweide treiben.

Die Juden wohnten zur damaligen Zeit in der heutigen Judengasse

Die Herrschaft Illingen war eine Reichsherrschaft. Wann genau sie dies wurde ist nicht bekannt. Die Freiherren von Kerpen gehörten zum Kreis der Reichsritterschaft vom Niederen Rheinstrom.

Im Laufe ihrer Herrschaft bekleideten die jeweiligen Herren zu Illingen unterschiedliche weltliche und kirchliche Ämter in höherer Stellung außerhalb der Herrschaft Illingen. Dies führte notwendigerweise dazu, dass Amtmänner die Verwaltungsaufgaben in Illingen übernahmen.

Die Junker von Kerpen waren in der Herrschaft Illingen Inhaber des Halsgerichts, was sie dazu befugte, „zu henken und ertrenken und alle Bosheit zu strafen“.

Als Zeichen dieser hohen Gerichtsbarkeit wird bereits 1575 der Galgen auf dem Galgenberg genannt. Der Galgen wurde in zeremonienhafter Form im Beisein und unter Beteiligung aller Untertanen errichtet. Es wurde Wert daraufgelegt, dass der Galgen „gesamter Hand“ errichtet wurde. Nach der Errichtung erhielt die anwesende Jugend einen „Wecken“, die Erwachsenen im Wirtshaus zur bleibenden Erinnerung ein halbes Maß Wein.

Tatsächlich waren Hochgerichtsprozesse in Illingen selten. Bekannt ist im Jahre 1630 die Hinrichtung einer „Maleficantin“ und 1767 ein „aufsehenerregender Prozess“ gegen einen uchtelfanger Bürger wegen Todschlags.

Die Untertanen der kerpenschen Herren waren in der Regel Leibeigene. Bezüglich des Abhängigkeitsgrades von der Herrschaft wurden die Untertanen teils Lehns-, teils Eigentumsuntertanen genannt.

Untertanen, die freies Eigentum hatten, meist alteingesessene Familien, deren Eigenbesitz als „Allodialgüter“ bezeichnet wurden, waren selten.

Die Besitzer der „Schaftgüter“ waren Unfreie, an die Scholle gebundene Menschen ohne das Recht auf Freizügigkeit, die der Herrschaft von ihren Gütern die „Schafft“ schuldeten, was Geld und Früchte bedeutete.

Zur besseren Besiedlung des Landes wurden von den Lehnsherrren aus den großen Flächen des herrschaftlichen Landes bestimmte Teile, sogenannte „Huben“ oder „Hufen“ an Leibeigene übertragen, die dafür feste Abgaben, die "Schafft“ zu entrichten hatten.

Diese „Huben“, die aus Haus, Gärten, Feld und Wiesen bestanden, durften weder geteilt noch verändert werden und waren nur unter bestimmten Bedingungen erblich. Daraus resultierend war es üblich, dass der älteste Sohn, der Stammerbe, den Besitz erhält. Dazu musste die Herrschaft ihre Einwilligung geben. Der Grundherr bestimmte den Wert des Erbes und die Anteile, die der Erbe an seine Geschwister zu zahlen hatte. Diese wurden nun „Hinter- oder Beisaßen“. In der Regel verbrachten diese ihr Leben als Mägde und Knechte.

Es war möglich, durch Kauf oder Heirat „ansässig“ zu werden, also Teile eines „Schaftgutes zu erwerben. Auch die Möglichkeit sich freizukaufen bestand, doch wie sollte ein Leibeigener dies bewerkstelligen?

Leibeigene waren zu Frondiensten verpflichtet und durften nicht vom Gutshof des Leibherrn wergziehen. Sie durften nur mit Genehmigung des Leibherrn heiraten und unterlagen seiner Gerichtsbarkeit.

Neben den Leibeigenen wächst im 18. Jahrhundert eine steigende Zahl an „Schutzverwandten“ heran. Sie mussten Aufnahmegeld und jährlich Kopfgeld zahlen und hatten keinen Anteil an den Gemeindenutzungen. Zu dieser Gruppe sind die Schutzjuden und Handwerker, aber auch die Tagelöhner zu zählen, deren Anzahl in den Berufen der Kohlen- und Erzgräber in der Herrschaft Illingen immer größer wurde. Da letztere oft als Sozialfälle der Allgemeinheit zur Last fielen, war die Herrschaft ihnen gegenüber besonders misstrauisch und suchte ihre Zahl zu begrenzen. Die wachsende Zahl der Bevölkerung schuf steigende Probleme mit Ernährung und Versorgung, so dass zu dieser Zeit eine Auswanderungswelle aus der Herrschaft Illingen vor allem in den südosteuropäischen Raum festzustellen ist.

Der letzte Herr von Kerpen war Franz Georg Freiherr von Kerpen. Die Herrschaft Illingen zählte beim Regierungsantritt von Franz Georg von Kerpen im Jahre 1789  39 katholische und 8 jüdische Haushalte in Illingen, in Gennweiler 35 katholische und 3 jüdische Haushalte, in Wemmetsweiler 31 katholische und 1 jüdischen Haushalt, in Merchweiler 26 Haushalte an Lehnsuntertanen und 15 von Eigentumsuntertanen.

Franz Georg von Kerpen stirbt als letzter Herr von Kerpen 1808. Seine Töchter erhielten von Napoleon das persönliche Vermögen der Familie zurück, das sie aber bald veräußern.

Die Französische Revolution brachte Grundlegende Veränderungen der Lebensweise.

Die Leibeigenen wurden freie Bauern und bewirtschafteten jetzt eigenes Land, ihre ehemaligen Schaftgüter.

Die Gemeinden wurden politische Gemeinden.

1798 wurde das linke deutsche Rheinland in 4 französische Departements aufgeteilt.

Illingen gehörte neben Uchtelfangen, Kaisen, Gennweiler, Merchweiler, Wemmetsweiler, Hüttigweiler, Raßweiler, Wustweiler und Hosterhof zur Marie Uchtelfangen, diese zum Kanton Ottweiler und dieser Kanton zum Saardepartement.

Im zweiten Pariser Frieden vom 20. Nov. 1815 kam fast das gesamte linksrheinische deutsche Gebiet an Preußen. Die königliche Regierung hatte ihren Sitz in Trier.

Im Jahre 1938 wurde Illingen eigenständiges Amt.

Am 1. 1. 1974 entstand die Großgemeinde Illingen, bestehend aus den Ortsteilen Illingen, Hüttigweiler, Hirzweiler, Welschbach, Uchtelfangen und Wustweiler und hat 15820 Einwohner, wobei im Ortsteil Illingen 5500 Einwohner leben.

Bereits seit der Herrschaft der Herren von Kerpen hatte sich ein reges Markt- und Gewerbeleben entwickelt, das Illingen schließlich zum Mittelpunkt des Illtales machte

Trotz mancher Schwierigkeiten konnten sich Handel, Handwerk und Industrie bis in die jüngste Zeit behaupten.

Quellenangaben:

  • Bernhard Hüpchen, "Gemeinde und Herrschaft von Illingen"
  • Jakob Mailänder, Festschrift zur Elfhundertjahrfeier Illingens vom 18.Juni bis 02. Juli 1933
  • Info-Broschüre Illingen/Saar
  • Margot Bermann, Illingen ein Rundgang
  • Robert Kirsch, 1150 Jahr Illingen, Festschrift 1983 und „Die Herren von Kerpen und die Entstehung und Entwicklung der Reichherrschaft Illingen“
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